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Mord ohne Leiche

Indizienprozess

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 17.März 2020 den heute Mitte 40-Jährigen Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts lockte der Angeklagte am 25. September 2006 eine in einem Nachbarhaus wohnende 14jährige Jugendliche unter einem Vorwand in seinen Kellerraum. Er soll sein Opfer bewusstlos geschlagen und anschließend sexuell missbraucht haben. Er habe die Jugendliche erwürgt, um die Entdeckung der vorangegangenen Vergewaltigung zu verhindern.

Der anschließend von ihm in den Hausmüllcontainer verbrachte Leichnam ist bis heute nicht gefunden worden.

Das Landgericht Berlin war von der Täterschaft des Angeklagten unter anderem aufgrund eines Geständnisses überzeugt, welches er gegenüber einem von den Strafverfolgungsbehörden eingesetzten verdeckten Ermittler abgegeben habe.

Der Täter bleibt in lebenslanger Haft.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten verworfen, da die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat. Das Urteil des Landgerichts Berlin ist damit rechtskräftig und der Täter bleibt in lebenslanger Haft.

Wahrheitsermittlung

Ein deutsches Strafgericht ist verpflichtet, die Wahrheit zu ermitteln. Der Gesetzgeber hat hierfür strenge und verbindliche Regeln aufgestellt, an welche sich alle Gerichte, welche eine Schuld- und Rechtsfolge aussprechen, verbindlich zu halten haben.

Jedes deutsche Strafgericht ist daher verpflichtet, von Amts wegen selbständig die seine Entscheidungen tragende Tatsachengrundlage gründlich zu untersuchen und den Fall so weit wie möglich aufzuklären.

Geht ein Gericht von falschen Tatsachenfeststellungen aus und nimmt falsche Beweiswürdigungen vor, führt dies zu Fehlurteilen, welche mit den Rechtsmitteln (Sprung-) Revision und Berufung durch Verteidigung oder Staatsanwaltschaft aufgehoben werden müssen.

Würdigung von Sachbeweisen und Indizienbeweisen durch die Gerichte

Es geht im Strafverfahren im Kern um die Würdigung von Sachbeweisen und Indizienbeweisen unter Anwendung von Denkgesetzen.

Indizienprozess

Nicht immer kann eine Tatsache direkt, mittelbar und transparent bewiesen werden. Daher bedarf es manchmal der Heranziehung von Indizien. Zum Beispiel, wenn der Täter Angaben zu der ihm zur Last gelegten Tat verweigert.

Die deutsche Strafprozessordnung lässt eine Verurteilung aufgrund eines Indizienprozesses zu.

Der sogenannte Indizienbeweis ist eine Hilfstatsache, die erst im Zusammenwirken mit anderen Umständen und Tatsachen den Schluss auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache bzw. Tatbestandes rechtfertigt.

Haupttatsache ist dabei immer das gesetzliche Tatbestandsmerkmal, etwa die Gewalt bei „Vergewaltigung“ oder allgemein die Täterschaft des Angeklagten („Wer hat die Jugendliche getötet“).

Der BGH beschreibt in seiner sog. Anastasia-Entscheidung (BGHZ 53, 245, 2660) den Indizienprozess wie folgt:

„Nicht die eigentliche Indizientatsache ist das Hauptstück des Indizienbeweises, sondern der daran anknüpfende weitere Denkprozess, kraft dessen auf das Vorhandensein der rechtserheblichen weiteren Tatsache geschlossen wird.“

Die Gerichte haben also die Aufgabe aus den einzelnen Beweisstücken im Zusammenwirken mit den Indizienbeweisen ein Ganzes zu schaffen, auf deren Grundlage sich eine Verurteilung stützt.

 

Indizienprozess im Berliner Mordfall

Auch im Berliner Mordfall hat das Gericht eine Verurteilung des Angeklagten auf Indizien gestützt. Der Angeklagte hat keine Angaben zu der Tat gemacht. Er bestreitet vielmehr, sie begangen zu haben.  Die Verurteilung durch das Gericht fußt allein auf Grundlage der Zeugenaussagen. Eine wesentliche Rolle spielten dabei die Aussagen der verdeckten Ermittler.

Verdeckter Ermittler

Verdeckte Ermittler sind Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln. Sie treten also unter falscher Identität auf und geben sich als Zivilpersonen aus, um verdeckt zu ermitteln.

Die gesetzliche Grundlage für den Einsatz von verdeckten Ermittlern ergibt sich aus den §§ 110a ff. StPO.

Der Einsatz von verdeckten Ermittlern soll wesentlich dazu beitragen, die Begehung schwerwiegender Straftaten zu verhindern, kriminelle Strukturen zu erkennen und aufzudecken, verfahrensrelevante Erkenntnisse zu gewinnen und Straftäter festzunehmen.

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